Diese drei Tage und zwei Nächte habe mich kulturell angedreht, wie ein Kreisel. Nun ausgedreht, kann die Reflexion erfolgen. Ich Danke Allen für ihre Unterstützung!


Aus München, Berlin, Dortmund seid ihr gekommen, um diesen Ort zu weihen! Tausend Dank für die schöne Zeit!!
Fotos: Cathy Klappert, Camilla Eisenmann

Es war ein dermaßen tolles „Fest“, dass ich es nicht in Worte fassen möchte.
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Freitag war TURBO: Erst Videoeröffnungsshow mit Triptychon, anschließend das wundervolle Konzert von Anna Zimre auf ihrer Viola da Gamba, unterbrochen durch das Ateliermanifest (welches ich die Tage noch online stelle), vorgetragen durch Silvia Muzón Lopés. Im Zwischenraum eine Audioinstallation von Achim Konrad, bei der die Besucher mit dem Atelier sprechen konnten. Dann ein Gitarrenkonzert durch Jonas Herbert, mit einer sehr schönen sensiblen Stimmung und anschließend Triptychon (acoustic, electronic, lights). In der Nacht gab´s dann eine spontane Session mit Triptychon und Anna Zimre, sowie Wayne Smith und Achim Konrad ähhh und allen übriggebliebenen Besuchern.
Samstag hatten wir das Glück Anna Zimre nochmals zu hören, sowie den Vortrag des Manifests durch Silvia. Zudem feierten wir die Premiere des Films „Weiss“, welcher von Silvia und mir produziert wurde. Den Film zeigten wir in zwei Räumen und verkauften ihn anschließend auf einer USB-Sticks-Edition. Es sind noch Filme erhältlich (im Atelier, 12€). Nach der Filmpremiere zauberte Triptychon nochmals ein ganz anderen sphärischen Trip in den Räumlichkeiten.
Sonntag ging es mit Kaffee und Kuchen weiter. Nach diversen Gesprächen gaben wir uns der Lesung hin. Christopher Reinbothe laß im Wechsel mit Silvia Muzón Lopéz! Sein eigens für diesen Ort bzw. Tag bzw. Moment. bzw. Lebensabschnitt, bzw. Gesellschaftliches Aufeinandertreffen geschriebener Text, berührte und rüttelte an uns. Ich sagte zu ihm (Wochen vor der Eröffnung), schreib doch was über die Lage der Kunst. Dass solch ein knaller Text entsteht ahnte ich noch nicht:

Ein Report. Report zur Lage der Kunst.

Die Kunst. Sie liegt. Aber wo? Liegt auf den schicken Divanen der großen Galerien und lässt sich genüßlich, ganz üppig, mit Weintrauben füttern. Verdattert. Schaut du und denkst — die ist aber fett geworden. Olle Schlampe. Hat sich bezahlen lassen, ganz gut. Viel zu gut. Ist banal geworden. Ist zum Geschäft geworden. Zur Aktie. Verhandlungssache. Nettes Beiwerk. Schön — wie das klingt: hübsches Bild. Hast Du fein gemacht, dressierter Dackel. Auf den Hinterpfötchen stehend, um Aufmerksamkeit bettelnd, noch ein Leckerli zugeschmissen bekommend.
Wenn es Kunst nicht mehr schafft Avantgarde zu sein, dann hat sie ausgedient. Avantgarde. Die Vorrauseilende. Schwerlich möglich: bequem auf dem Divan. Im Kuschelnest gefälligst gefällig. Zum guten Zwecke. Charity equals Publicity. Die Käuferschaft eingedenk. Angeschmust. Küsschen links, Küsschen rechts. Wenn es wenigstens noch Handwerk wäre — aber bewahre! Reproduktion. Provokation. Nicht alles was hinkt ist ein Göbbelsvergleich. Wenn ich im Ledermantel den Arm ausstrecke bin ich doch selbst das Kunstwerk und Millionen wert. Leider von Innen hohl wie der Weihnachtsmann. Nur eben nicht schokoladig. Ein Produkt. Medial vermarktet. Bestseller! Spiegel. Vorgehalten. Aber wem — sich selbst oder doch der Gesellschaft? Satire bis zum Abwinken. Selfie mit Gesellschaft. Guter. Der Besten. Wir haben die beste Gesellschaft. It’s true.
Die Kunst. Sie liegt. Aber wo? Blutüberströmt in Hinterhöfen, zusammengeschlagen von Glatzen und von Scheinmoralisten als entartet erklärt. Da waren wir mal und keiner will dahin zurück. Dennoch lassen wir die Anfänge gewähren ohne uns zu wehren. Während andere Mauern bauen und Grenzen ziehen wollen, um das Denken einzuschränken und Menschen in Schubladen zu verpacken, hat die Kunst immer Augen geöffnet für Dinge die sonst keiner sah, weil die Welt noch nicht soweit war. Die Uhren vorwärts gedreht. Die Scheuklappen abgelegt.
Keiner denkt mehr an die Möglichkeiten! Es geht nicht um Visionen, sondern um Profite. So ist die Welt heute, mag mancher sagen. Wer Visionen hat gehört zum Arzt. Es ist nicht die Zeit in der die Kunst Narrenfreiheit mehr genießt. Künstler wollen nicht arm im Kämmerlein versauern und posthum für Phantasillionen gehandelt werden.
Rightly so! Now is the time. Die sozialen Plastiken sind längst in der Wertstofftonne verschwunden. Dabei entsteht das Beste Werk noch immer kommun. Wo geheime Dachböden gebaut werden, um Träume zu verstecken, vor Männern in grauen Anzügen. Wo berittene Prinzessinnen laut »Hüja!« krakeelen, bevor sie davon galoppieren. Wo Fallschirme springen um Behanglichkeit zu spenden gegen die Kälte. Wo Smilies in Beton gegossen durch die Landschaft rollen und nicht die eigentliche Botschaft ersetzen. Sie nicht buntplärrend uns Gefühle vorgaukeln, sondern wir vis-a-vis Tatsächliche finden. In und für einander. Wo wir mit Steinschleudern regenbogenfarbene Murmeln auf unsere Egos schießen. Damit sie Risse bekommen, die Schalen, die wir uns angelegt haben und laut krachend zerbersten. Wo Kunst auch ein Diskurs ist. Mit und ohne Wort. Über Worte hinaus. Denn dafür ist sie doch da! Die Kunst. Sie liegt. Aber wo? Am Herzen.
Noch mehr geniale Texte von Christopher findet ihr hier: http://www.phneutral.net/texte.html
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Trailer „Weiss“: vimeo.com/196167742
Triptychon: vimeo.com/113837710
Anna Zimre (Viola da Gamba) vimeo.com/136099630